Zusammenfassungen

Habe als Student einige Zusammenfassungen (sparkcharts) geschrieben. Möglicherweise könnten die für euch nützlich sein.

Lineare Algebra

Differenzieren

Integrieren

Kurven

Ich bin sicher es haben sich auch noch einige Fehler versteckt. Wenn jemand einen Fehler findet wäre ich dankbar wenn er mich kontaktieren würde.

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Kategorien:Verschiedenes

Musterlösung zur Fixpunktaufgabe

Da bei Aufgabe 2 des Tests größere Probleme aufgetreten sind, haben wir uns beschlossen, hier eine Musterlösung zu publizieren!

Aufgabenstellung: Betrachten Sie das Newtonverfahren, welches durch die Fixpunktiteration von T(x)=x-\frac{f(x)}{f'(x)} gegeben ist, und zeigen Sie, dass dieses für die Funktion f(x)=3x^2+4x-2 auf der Menge M=[-2,-4/3] konvergiert. Ermitteln Sie weiters den Fixpunkt von T. Für diese Aufgabe dürfen Sie annehmen, dass T(M) \subset M gilt.

Lösung:  Um eine Fixpunktiteration auf ihre Konvergenz zu überprüfen benötigen wir den Banach´schen Fixpunktsatz: Sei (M,d) ein metrischer Raum, M \subset X abgeschlossen, T: B \rightarrow B eine Kontraktion (also die Lipschitzkonstante L<1). Dann hat T einen Fixpunkt in M.

Laut Angabe müssen wir die Selbstabbildung nicht mehr zeigen, da wir bereits T(M) \subset M gegeben haben. Unser Raum ist \mathbb{R}, also ein metrischer Raum und die gegebene Teilmenge M ist abgeschlossen. Wir müssen also nur noch zeigen, dass wir eine Kontraktion vorliegen haben, um alle Voraussetzungen erfüllt zu wissen. Da die Funktion nicht monoton ist, gab es den Hinweis, den Mittelwertsatz für Ableitungen zu verwenden, um die Lipschitzkonstante zu berechnen. Der Mittelwertsatz lautet:

x>y: T(x)-T(y)=T'(\xi)(x-y) mit c \in [y,x].

Wir können also verwenden, dass

|T(x)-T(y)|=|T'(c)|(x-y)\leq\underset{c\in[-2,-4/3]}{\max}|T'(c)||x-y|.

Wir benötigen also das Maximum der ersten Ableitung im Intervall. Dafür berechnen wir die zweite Ableitung: T''(x)=\frac{30}{(3x+2)^{3}} \neq 0. Wir können also folgern, dass die erste Ableitung monoton ist, und das Maximum am Rand angenommen werden kann (da die Polstelle nicht in M liegt). Überprüfen wir also die Randpunkte: T'(-2)=3/16 und T'(-4/3)=-3/4. Das Maximum des Betrags ist also 3/4 < 1, wir haben also eine Kontraktion und somit konvergiert das Verfahren.

Eine Fixpunktgleichung hat die Form T(x)=x, in diesem Fall also x-\frac{3x^2+4x-2}{6x+4}=x. Da sich x in dieser Gleichung wegkürzt, genügt es, die Nullstellen des Zählers zu berechnen, also die quadratische Gleichung 3x^2+4x-2=0. Diese hat die Nullstellen \frac{\sqrt{10}-2}{3} und -\frac{\sqrt{10}+2}{3}. Nur die zweite Lösung liegt in der gegebenen Menge und ist somit der Fixpunkt.

Durchängendes Kabel

Die Frage ist etwas weniger mathematisch als gewohnt. Wie hängt ein Kabel im Gravitationsfeld der Erde? Dazu müssen wir h(x) finden so dass

\int_c^d h(x)\sqrt{1+h'(x)^2}

extremal wird (das ist gerade die potentielle Energie in einem gleichförmigen Feld). Dazu verwenden wir die Euler-Lagrange Gleichungen (deren Herleitung hier nicht gemacht wird) und erhalten

\sqrt{1+h'(x)^{2}}=\frac{d}{dx}\frac{h(x)h'(x)}{\sqrt{1+h'(x)^{2}}}

und damit

\sqrt{1+h'(x)^2} =\frac{h(x)h''(x)+h'(x)^2+h'(x)^4}{\sqrt{1+h'(x)^2}^3}

also

1+h'(x)^2 = h(x)h''(x).

Die Lösung der Gleichung ist nicht einfach aber der Ansatz C \cosh (Dx) ergibt eine Familie von Lösungen a \cosh (x/a) . Wenn wir ein Interval [-1,1]  als Interval festlegen ist die Länge des Kabels

\int_{-1}^{1}\sqrt{1+h'(x)^{2}}=\int_{-1}^{1}\cosh(x/a)=2a\sinh(x/a) .

Als Kontrolle berechnen wir

\lim_{a\to\infty} 2 a \cosh(x/a) = 2

was die kürzestmögliche Verbindung ist.

Man erhält also den \cosh als natürliche Lösung einer nichtlinearen Differentialgleichung. Dass a \cosh(x/a) eine Lösung ist findet man durchaus an einigen Stellen aber eine explizite Herleitung habe ich im Internet nicht finden.

Kategorien:Verschiedenes

Substitution bei Integration

Nicht jede Funktion kann in einem Integral blind substituiert werden. Nehmen wir zum Beispiel das Integral aus dem Proseminar:

\int_{0}^{1}\text{e}^{\sqrt{t}}\text{d}t=2\int_{0}^{\sqrt{1}}x\cdot\text{e}^{x}\text{d}x

Dies ist nun mit partiellem Integrieren einfach zu lösen. Erweitern wir dieses Beispiel nun:

\int_{-1}^{2}\text{e}^{\sqrt[4]{x^{2}}}\text{d}x

Hier könnte man nun auf die Idee kommen, mit der Funktion u=x^{\frac{4}{2}}=x^{\frac{1}{2}}

zu substituieren:

2\int_{1}^{4}\text{e}^{u}u\text{d}u=6\cdot\text{e}^{4}

Das tatsächliche Ergebnis ist jedoch 4+2\text{e}^{\sqrt{2}}\sqrt{2}-2\text{e}^{\sqrt{2}}

Das Problem besteht darin, dass die Funktion mit der wir substituieren, nämlich x^2 auf dem gegebenen Bereich nicht bijektiv ist. Schränken wir die Funktion auf die positiven Zahlen ein, so ist die Bijektivität wieder gewährleistet. Außerdem sei hier noch einmal festgehalten, dass \sqrt[4]{x^{2}}=\sqrt{|x|} gilt! Die korrekte Lösung des Integrals erhalten wir, in dem wir das Integral auf die Intervalle aufspalten, in welchen x^2 bijektiv ist, und dann substituieren.

\int_{-1}^{0}\text{e}^{\sqrt{-x}}\text{d}x+\int_{0}^{2}\text{e}^{\sqrt{x}}\text{d}x

Diese beiden Integrale sind nun wie in der Proseminaraufgabe oben lösbar (und werden hier dem Leser als Übung überlassen).

Kommen wir nun zur nächsten Aufgabenstellung aus dem Proseminar: Gegeben ist a,b\in\mathbb{R},\text{ mit }a<b,\quad f:[a,b]\rightarrow\mathbb{R}   stetig differenzierbar und f(s)>0 für alle s\in [a,b]. Wir sollen nun eine Stammfunktion von \frac{f'(x)}{f(x)} bestimmen.

Betrachtet man nun das Integral \int_{a}^{b}\frac{f'(x)}{f(x)}\,\text{d}x, könnte man nun auf die Idee kommen, mit f(x) zu substituieren. Da laut unserer Angabe die Funktion f(x)>0 gegeben ist, jedoch nicht f'(x)>0, kann hier leider keine Aussage über die Bijektivität dieser Funktion getroffen werden. (Im zweiten Fall wüssten wir, dass die Funktion auf unserem Bereich monoton ist – eine monotone Funktion ist automatisch bijektiv, und die Substitution wäre somit einwandfrei.)

Vielleicht ist bereits manchen Lesern aufgefallen, dass x^2 als Substitution manchmal funktioniert, obwohl die Funktion auf \mathbb{R} ja nicht bijektiv ist.  Man beachte, dass die Formel

\int_{g(a)}^{g(b)} F(x)\,\text{d}x = \int_a^b F(g(u)) g^{\prime}(u)\,\text{d}u

für beliebige stetig differenzierbare Funktionen g richtig ist (i.e. Bijektivität ist in diesem Fall nicht notwendig). Das erste Problem kann nicht in dieser Form geschrieben werden, daher schlägt die Substitution fehl. Das Problem aus dem Proseminar ist aber von der oben gegebenen Form für F(x):=1/x und g(u):=f(u), in diesem Spezialfall kommt man also tatsächlich ohne Bijektivität aus, allerdings nur, weil dieser Satz hier gilt (und somit zitiert werden muss).

ACHTUNG: diese Form liegt im ersten Beispiel NICHT vor, was uns wieder zur Argumentation der Bijektivität führt!

Es hilft auch dem Verständnis die Transformationsformel in einer Dimension (siehe z.B.: wikipedia) auf diese Fälle anzuwenden und deren Unterschied zur oben gegebenen Formel herauszuarbeiten.

Noch ein kleiner Nachtrag: ich habe im ersten Beispiel absichtlich nicht von [-1,1] integriert, da wohl jedem auffallen würde, dass bei diesem Bereich bei einer Substitution mit x^2 ein Integral 0 herauskommt, egal welche Form der Integrand besitzt. In einem solchen Fall ist es leicht einzusehen, dass Bijektivität verletzt wird und das Integral keinen wirklichen Sinn mehr macht.

Kategorien:Integration

Partialbruchzerlegung

Es gibt zumindest zwei weithin bekannte Methoden um eine Partialbruchzerlegung durchzuführen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um zwei Methoden, um die Koeffizienten von Polynomen zu bestimmen. Beide Methoden basieren auf dem Prinzip des Koeffizientenvergleichs (i.e., zwei Polynome sind genau dann gleich, wenn ihre Koeffizienten gleich sind).

Eine weitere Methode für Partialbruchzerlegung kommt aus der komplexen Analysis und wird hier kurz erörtert:

Im Spezialfall einfacher Nullstellen (i.e., keine Nullstelle des Nenners tritt zwei mal auf) können wir

\frac{p(x)}{q(x)} := \frac{p(x)}{\prod_{k=1}^n (x-x_k)},

umschreiben als

\frac{p(x)}{q(x)} = \sum_{k=1}^n \frac{p(x_k)/q^{\prime}(x_k)}{x-x_k}.

Wir können also in diesem Fall, sobald wir die Nullstellen kennen, die Koeffizienten mittels differenzieren und einsetzen berechnen (also insbesondere ohne ein Gleichungsystem zu lösen).

Den Ausdruck \frac{p(x_k)}{q^{\prime}(x_k)} nennt man das Residuum von f/g bei x_k. Dabei handelt es sich um einen Ausdruck aus der komplexen Analysis. Im Rahmen dieser Theorie ist der Beweis denkbar einfach. Daher kann dieser Satz auch auf komplexe Partialbruchzerlegungen angewendet werden, z.B.:

\frac{1}{1+x^2}

kann mittels p(x)/q^{\prime}(x) = \frac{1}{2x}, p(i)/q^{\prime}(i) = \frac{1}{2i} = -i/2 und p(-i)/q^{\prime}(-i) = \frac{-1}{2i} = i/2 in

\frac{1}{1+x^2} = \frac{-i/2}{x-i} + \frac{i/2}{x+i}

zerlegt werden.

Exponential einer Matrix, oder warum Eigenwerte wichtig sind

In Differentialgleichungen erhält man oft als Lösungsansatz eine exponentielle Funktion. Da Gleichungen allerdings auch im System vorkommen, möchte ich hier eine kleine Einführung dazu geben, was das Exponential einer quadratischen Matrix eigentlich bedeutet und wie es zum Lösen von Systemen von Differentialgleichungen verwendet werden kann.

Die Idee ist es, das Exponential über die Reihenentwicklung zu definieren, d.h.

e^X=\sum_{k=0} ^ \infty \frac{X^k}{k!}

Dies ist für X \in \mathbb{R} die Reihendarstellung der Exponentialfunktion und konvergiert in diesem Fall immer. Aus der Reihendarstellung folgern wir (es ist durchaus eine gute Übung diese Relationen nachzurechnen)

\exp(0)=I_n

\quad (\exp(X))^{-1}=\exp(-X) (die Matrix ist also Invertierbar)

\exp(YXY^{-1})=Y \exp(X) Y^{-1}  für Y eine invertierbare Matrix

\exp( \text{diag}(x_1,...,x_n))=\text{diag}( \exp(x_1),..., \exp(x_n)).

Können wir also unsere Matrix diagonalisieren als A=TDT^{-1}, so erhalten wir also das Exponential dieser Matrix einfach durch

\exp(A)=T \exp(D) T^{-1},

wobei natürlich T die Matrix der Eigenvektoren und D die Matrix mit den dazugehörigen Eigenwerten in der Diagonale ist.

Kommen wir nun zu einer Anwendung:

Wie vielleicht schon bekannt ist, hat eine Differentialgleichung der Form

y'=ay,\quad a \in \mathbb{R}

eine Lösung

y(x)=\exp (ax).

Nun kann es uns passieren, dass wir vor einem System solcher Gleichungen stehen:

x_1' = a_{11}x_1+a_{12}x_{2}+...+a_{1n}x_n

...

x_{n}' = a_{n1}x_{1}+a_{n2}x_{2}+...+a_{nn}x_{n}

Dieses System kann man kurz in Vektorschreibweise darstellen:

x'=Ax,\quad A \in \mathbb{R}^{n\times n}

Nun muss man sich überlegen, ob man den Lösungsansatz für den skalaren Fall eventuell wieder verwenden kann. Tatsächlich stellt sich heraus, dass wenn A diagonalisierbar ist, der Ansatz

x(t)=\exp (\lambda \cdot t)\cdot v

eine Lösung darstellt, wobei \lambda ein Eigenwerte von A und v der dazugehörige Eigenvektor ist. Eine Lösung zu einem allgemeinen Anfangswert ist dann durch

x(t) = \exp(t A) v_0

gegeben.

Kategorien:Foundations, Matrizen

irrationale Zahlen

Es ist nicht von vorneherein klar, ob eine Zahl nun irrational ist oder nicht. Wir wissen zwar, dass Ausdrücke wie \sqrt(2), \sqrt(3), e, \pi, … irrational sind, es ist aber nicht immer klar, warum dies auch gilt.

Für \sqrt(2) haben wir die Irrationalität bereits im Artikel „Beweise“ gezeigt, indem wir einfach einen Beweis durch Widerspruch verwendet haben. Dies ist meistens ein guter Ansatz, funktioniert allerdings nicht immer so einfach wie bei dieser speziellen Zahl.

Ich möchte hier die wohl berühmteste irrationale Zahl \pi verwenden, um ein paar Beweisskizzen für die Irrationalität zeigen:

1)  Lambert bediente sich einer Eigenschaft von \pi, die natürlich nicht für jede andere irrationale Zahl verwendet werden kann:

\tan(\frac{\pi}{4})=1

Lambert konnte zeigen, dass der Tangens auch folgenderweise dargestellt werden kann:

\tan(x)=\frac{x}{1-\frac{x^2}{3-\frac{x^2}{5-\frac{x^2}{7-...}}}}

Weiters bewies er, dass für ein x \neq 0 und rational, dieser Ausdruck irrational sein muss. Da aber \tan(\frac{\pi}{4})=1, muss also \pi/4 und somit also \pi irrational sein.

2) Niven bedient sich stattdessen der Eigenschaft, dass \pi die erste positive Nullstelle von \sin(x) ist:

Er nimmt an, dass \pi=a/b \quad a,b \in \mathbb{N} , b \neq 0. Weiters definiert er die Funktionen f(x)=\frac{x^n(a-bx)^n}{n!}, \quad x \in \mathbb{R} und F(x)=f(x)+...+(-1)^j f^{(2j)} (x)+...+(-1)^n f^{(2n)} (x), \quad x \in \mathbb{R}.

Nun zeig man, dass f^{(2k)}(0) \in \mathbb{Z} und f^{(2k)}(\pi) \in \mathbb{Z}, \quad k \in [0,n].

Die dritte Funktion l(x)=F'(x)sin(x)-F(x)cos(x) ist offenbar die Stammfunktion für f(x)sin(x). Es gilt also

\intop_{0}^{\pi}f(x)\sin(x)\text{d}x=l(\pi)-l(0)=F(p)+F(0)

Da wir uns auf dem Intervall 0<x<\pi bewegen, kann man leicht sehen, dass auf diesem Intervall gilt: 0<f(x)<\frac{\pi^n a^n}{n!} und 0<\sin(x)<1.

Multiplizieren wir diese beiden Ungleichungen, erhalten wir 0<f(x)sin(x)<\frac{\pi^na^n}{n!}<1. Das letzte < ist wahr für genügend große n. Für genügend große n gilt weiters, dass \frac{\pi (\pi a)^n}{n!}<1 also erhält man

0<f(x)\sin(x)<\frac{\pi^n a^n}{n!}<1/\pi

Integrieren wir diese Ungleichung, erhalten wir

0< \intop_{0}^{\pi}f(x)\sin(x)\text{d}x <\intop_{0}^{\pi}\frac{1}{\pi}\text{d}x=1

Das innere Integral muss also echt größer als Null und echt kleiner als 1 sein. Dies ist ein Widerspruch dazu, dass der Wert \in \mathbb{Z} ist.

In diesen kurzen Beweisskizzen wird klar, dass der Beweis durch Widerspruch durchaus eine zulässige Idee ist, eine irrationale Zahl jedoch oft nicht rein dadurch als solche identifiziert werden kann, sondern dass auch ihre Eigenschaften ausgenutzt werden müssen.

Für weitere und ausführlichere Varianten des Beweises, siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Proof_that_%CF%80_is_irrational

Außerdem gibt es unter http://de.wikipedia.org/wiki/Irrationale_Zahl eine nette Liste, die aufzählt, welche irrationale Zahlen bereits als solche bewiesen wurden, und welche Zahlen als solche noch vermutet werden.

Kategorien:Verschiedenes

Die Wissenschaftliche Methode

In diesem Artikel werden wir uns mit der wissenschaftlichen Methode an sich beschäftigen. Das prinzipielle Ziel hierbei ist es eine (sogenannte) wissenschaftliche Theorie aufzustellen, welche die Natur bzw. einen Aspekt der Natur (die Atmosphäre, Mechanische Systeme, Atome und ihre Wechselwirkungen, aber auch das Verhalten von Wirtschaftssystemen oder das menschliche Verhalten, etc…) möglichst genau beschreibt.

Nun muss man natürlich fragen, wodurch sich eine Theorie auszeichnet.

  • Die Theorie muss in einer Weise formuliert sein, so dass aus eine Reihe von Axiomen (z.B.: Newton’s Gesetze, oder die Axiome der Quantenmechanik) Schlüsse gezogen werden können. Diese müssen insbesondere eindeutig sein (dürfen also nicht von der Person welche die Theorie anwendet abhängen).
  • Die Theorie muss falsifizierbar sein. Das bedeutet, dass es möglich sein muss, die Theorie durch ein Experiment (oder eine Beobachtung) zu widerlegen.

Auch wenn diese Definition in der Literatur (fachlich oder populär) nicht immer in letzter Konsequenz angewandet wird sind doch beide Punkte notwendig um „rechtmässig“ von einer wissenschaftlichen Theorie zu sprechen.

zur Eindeutigkeit

Es sollte klar sein, dass eine Theorie nicht von großer Nützlichkeit ist, wenn Experte A folgert, dass es Morgen regnet und Experte B, dass es schneit. Trotzdem muss eine wissenschaftliche Theorie nicht jedes Ereignis vorhersagen. Auch die Quantenmechanik kann das nicht. Allerdings, wird hier trotzdem eine Aussage gemacht die eindeutig ist, nämlich dass bei einer großen Anzahl von Experimenten Ereignis 1 zu x % und Ereignis 2 zu y % auftritt.

zur Falsifizierbarkeit

Eine Theorie kann Aussagen liefern, die eindeutig sind aber trotzdem keinerlei objektive Relevanz haben, da kein Experiment diese Aussagen widerlegen kann. Z.B.: liefert die Theorie „Gott existiert“ eine klar definierte Aussage ist aber nicht falsifizierbar, da es kein Exerpiment gibt welches die Existenz von Gott widerlegen könnte. Solche Fragen bewegen sich oft außerhalb dessen was die Wissenschaft zu erklären versucht.

Theorie vs. widerlegte Theorie

Eine wissenschaftlich Theorie kann nie bewiesen werden, da es unmöglich ist unendlich viele Experimente auszuführen. Eine Theorie kann nur widerlegt werden bzw. es kann behauptet werden, dass eine Theorie bisher alle experimentellen Tests „bestanden“ hat.

Zu vage formulierte Theorien sind (fast immer) nicht falsifizierbar, da es immer möglich ist auf ein vermeintlich falsifizierendes Argument mit „Ja, aber die Aussage ist anders zu interpretieren“ zu antworten.

Beispiele

Homeopathie oder Astrologie im Sinne „haben einen Einfluss auf den Menschen“ sind zu vage um als Theorie zu gelten. Konkrete Formulierungen wie „Homeopathie hat eine Wirkung auf Krippeerkrankungen die über den Placeboeffekt hinausgeht“ oder „Löwen sind nervöse Menschen“  sind zwar prinzipiell wissenschaftliche Theorien (solange man Wirkung und nervös genügend genau definiert), wurden aber durch Experimente widerlegt. Diese bieten also keinen wissenschaftliche Aussagekraft.

Ein interessanter Fall ist String Theorie. Eine Theorie die versucht Quantenmechanik und Relativitätstheorie zu vereinen. Diese würde maximal dann Aussagen liefern, welche sie von anderen Theorien (Quantenmechanik, Relativitätstheorie) unterscheidet (und damit falsifizierbar macht), wenn für eine Beschreibung des physikalischen Systems sowohl Quantenmechanik als auch Relativitätstheorie notwendig sind. Solche Systeme (Schwarze Löcher, Physik auf Skalen der Planck Länge, etc..) sind experimental sehr schwierig zu untersuchen. Trotzdem ist klar, dass es für eine akkurate Beschreibung aller Phänomene des Universums einer Theorie bedarf, die über die Quantenmechanik bzw. die Relativitätstheorie hinausgeht.

Mathematik

Was hat das ganze mit Mathematik zu tun? Die Mathematik scheint die einzige Möglichkeit zu sein, wissenschaftliche Theorien präzise zu formulieren. Menschliche Sprache ist in vielen Fällen zu vage (der Begriff entweder oder wird oft im Sprachbegriff mit dem Begriff oder vermischt, etc…). Daher hat die Mathematik, sei es in den Natur- oder Geisteswissenschaften, insbesondere dann eine Bedeutung, wenn es darum geht, Experiemente auszuwerten, Hypothesen zu testen, und Messfehler in einem Experiment zu beurteilen.

Weitere Informationen

Insbesondere kann ich Richard Feynman: Seeking New Laws und Richard Feynman: The Relation of Mathematics and Physics empfehlen (bzw. man findet auch kurze Ausschnitte auf Youtube).

Kategorien:Foundations

Polynominterpolation mittels des Gram-Schmidtschen Orthogonalisierungsverfahren

Die Menge

\mathcal{C}^{0} := \{f \colon [-1,1]\to\mathbb{R},\,f\text{ stetig}\}

ist (wie sich leicht verifizieren lässt) auch ein Vektorraum. Die Vektoren sind in diesem Fall stetige Funktionen (keine „Pfeile“ wie im \mathbb{R}^n). Die Dimension dieses Vektorraumes lässt sich nicht einfach bestimmen, da keine offensichtliche Basis angegeben werden kann. Es ist aber klar, dass es keine Basis mit nur endlich vielen Elementen geben kann. Man spricht in diesem Fall auch von einem unendlichdimensionalen Vektorraum (geschreiben als \text{dim}(\mathcal{C}^{0}) = \infty).

Es ist klar, dass für f\colon [-1,1] \to \mathbb{R},\, x \mapsto e^{-x}  gilt, f \in\mathcal{C}^{0}. Unser Ziel ist es f durch Projektion auf einen endlich dimensionalen Raum zu approximieren. Zuerst wollen wir dies aber im endlich dimensionalen demonstrieren.

Im Fall \text{dim}(V)<\infty:

Also z.B.: V=\mathbb{R}^3 und x=(1,2,2.1). Können wir diesen Vektor in einem niedrigdimensionalen Raum approximieren? Wir nehmen als Beispiel den Raum W=\langle (1,0,0), (0,1,1) \rangle, wobei \text{dim}(W)=2<\text{dim}(V). Die Projektion von x auf V ist gegeben durch

x=(1,2,2.1) \approx \langle (1,2,2.1), (1,0,0) \rangle (1,0,0) + \langle (1,2, 2.1), \frac{1}{2}(0,1,1) \rangle \frac{1}{2}(0,1,1) = (1,2.05,2.05)

Der Fehler bezüglich der Standardnorm beträgt 0.0707.

Im Fall \text{dim}(V)=\infty:

Nun versuchen wir dieses Konzept auf den unendlich dimensionalen Fall fortzusetzen. Der endlich dimensionale Raum auf den wir projizieren ist gegeben durch

P_n := \langle 1, x, \dots, x^n \rangle

Wir verwenden wie im Praktikum die normalisierten Legendre Polynome gegeben durch (für n=3 und n=2)

P_2 = \langle\frac{1}{\sqrt{2}},\sqrt{\frac{3}{2}} x\rangle

P_3 = \langle\frac{1}{\sqrt{2}},\sqrt{\frac{3}{2}} x,\frac{1}{2}\sqrt{\frac{5}{2}} \left(3 x^2-1\right)\rangle

als Orthonormalbasis. Die Projektion ergibt dann

e^{-x} \approx 1.175- 1.103 x

e^{-x}\approx 0.996 - 1.103x + 0.536 x^2

und folgende Grafik veranschaulicht die Originalfunktion (rot) und die lineare (blau) als auch die quadratische (grün) Approximation.

Lineare und quadratische Approximation von exp(-x)

Mathematisch zu analysieren wie gut solche Approximationen sind und für welche Klassen von Funktionen sie überhaupt möglich sind, ist ein Problem, welches mehr Theorie benötigt als wir zur Verfügung haben. Die Idee zu verstehen ist aber mit elementaren Kentnissen der linearen Algebra möglich.

Kategorien:Orthonormalbasen

Zeno’s Paradox

Oder Achilles und die Schildkröte bezeichnet ein vermeintliches Paradoxon das zu beweisen scheint, dass ein schnellerer Läufer einen langsamen Läufer niemals überholen kann. Die Argumentation geht wie folgt:

Bevor Achilles die Schildkröte überholen kann, muss er zuerst die Distanz ihres Vorsprungs überwinden. Bis er an diesem Punkt angekommen ist, hat die Schildkröte wieder einen Vorsprung (wenn auch dieser kleiner ist als der ursprüngliche Vorsprung). Nun muss Achilles wieder diesen Vorsprung überwinden und daher folgt, dass Achilles die Schildkröte nie einholen kann, da diese immer einen (wenn auch immer kleinere werdenden) Vorsprung hat.

Warum ist diese Argumentation falsch? Oder anders gefragt: können wir ohne einen Fehler in der oberen Argumentation zu suchen sehen, dass Achilles die Schildkröte doch einholt (was unserer Intuition der physikalischen Realität entspricht)?

Wir schreiben das Problem formal an: Wir haben eine Funktion d\colon\mathbb{N}\to\mathbb{R} die den Vorsprung der Schildkröte im Schritt n angibt. Außerdem brauchen wir noch eine Funktion die jedem Schritt einen Zeitpunkt zuweist t\colon\mathbb{N}\to\mathbb{R}. Wenn wir den Vorsprung im Schritt 0 mit d_0 bezeichnen und Achilles sich mit Geschwindigkeit V und die Schildkröte sich mit Geschwindigkeit v bewegt, können wir die Abbildungsvorschriften angeben

d\colon\mathbb{N}\to\mathbb{R},\,n\mapsto d_0 \left( \frac{v}{V} \right) ^n

und

t\colon\mathbb{N}\to\mathbb{R},\,n\mapsto \sum_{i=1}^n \frac{d_0}{V} \left(\frac{v}{V}\right)^{i-1}

Wann holt nun Achilles die Schildkröte ein? Wenn d(n)=0! Nun ist aber klar, dass dies nur für n\to\infty möglich ist. Rechnet man sich den Zeitpunkt aus an dem Achilles die Schildkröte einholt, erhält man für V>v (also Achilles ist schneller als die Schildkröte)

\lim_{n\to\infty} t(n)=\frac{d_0}{V-v}

da es sich dabei um eine geometrische Reihe handelt.

Nun verschwindet das Paradoxon. Welchen Fehler hat Zeon gemacht oder anders ausgedrückt was lehrt uns dieses Beispiel?

  1. Es ist wichtig, dass unendlich in einer konsistenten Weise definiert ist (Zeno’s Fehler besteht darin, dass er einen endlichen Abstand in unendlich viele Teilstücke unterteilt aber annimmt, dass das gleiche in der Zeit unmöglich ist)
  2. Aus dem Formalismus sieht man wo es argumentative Probleme geben kann. Nämlich dort wo wir Limits bilden und damit die „Alltagslogik“ hinter uns lassen müssen.
  3. Das Problem formal auszuschreiben ist deutlich länger und schwieriger zu verstehen, als das „informelle“ Argument.  In diesem Fall ist das informelle Argument falsch. Oft hat man natürlich auch „Glück“ und das informelle Argument, stimmt obwohl es nicht formal gerechtfertigt wurde.
Kategorien:Foundations